Chemische Aura

Der Mensch gibt eine Wolke an reaktiven Chemikalien an seine Umgebung ab – und beeinflusst so auch die Qualität der Raumluft mit. Ein menschlichse Oxidationsfeld entsteht, wenn die auf unserer Haut vorhandenen organischen Moleküle mit winzigen Spuren von Ozon in der Raumluft reagieren. In Folge entstehen hochreaktive Hydroxyl-Radikale, die weitere Reaktionen hervorrufen.

Wir verbringen typischerweise 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen. Dort sind wir von einem unsichtbaren Molekülcocktail umgeben: Wände, Böden und Möbel gasen aus, beim Kochen oder Putzen entweichen chemische Stoffe in die Luft und je nach Umgebung gelangen auch Schadstoffe von außen nach innen. Außerdem geben wir selbst ständig beim Atmen und über die Haut diverse Moleküle an die Umgebung ab.

In Innenräumen entstehen jedoch hohe Mengen an OH-Radikalen – allein durch die Anwesenheit von Menschen und Ozon. Unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie zeigt das eine neue Studie, entstanden gemeinsam mit Forschenden aus den USA und Dänemark.

„Wir müssen die Chemie in Innenräumen überdenken, denn die Oxidationsfelder, die wir selbst erzeugen, verändern auch viele Chemikalien in unserer direkten Umgebung“, sagt Projektleiter Jonathan Williams. „Das OH-Radikal kann viel mehr chemische Verbindungen oxidieren als Ozon, wodurch eine Vielzahl von Produkten direkt in unserer Atemzone entsteht, deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit noch unbekannt sind.“

Die neuen Erkenntnisse haben auch eine ganz praktische Bedeutung für unsere Gesundheit: Gegenwärtig werden die chemischen Emissionen vieler Materialien und Einrichtungsgegenstände unter Laborbedingungen isoliert geprüft, bevor sie für den Verkauf freigegeben werden. Es wäre jedoch ratsam, auch Tests in Anwesenheit von Personen durchzuführen, so der Atmosphärenchemiker Williams. Denn Oxidationsprozesse können unter anderem zur Bildung Atemwegs-reizender Stoffe wie Oxopentanal (4-OPA) und kleiner Partikel in unmittelbarer Nähe der Atemwege führen, was besonders bei vorerkrankten Menschen und Kindern eine Rolle spielen kann.

Danke John für die Möglichkeit zur Veröffentlichung.
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In vielen Büros sind die richtige Luftfeuchtigkeit und frische Luft leider immer noch viel zu selten, obwohl diese Faktoren massgeblich das Wohlbefinden der Angestellten betreffen. Im Interview verrät Dr. Stephanie Taylor von der Harvard Medical School, wie die Gesundheit und Produktivität der Beschäftigten von diesen beiden Faktoren beeinflusst wird.

Das Office wird häufig als Virenschleuder bezeichnet. Warum ist diese Erkenntnis besonder wichtig für Büroarbeitsplätze?

Büros zählen zu den öffentlichen Orten mit erhöhtem Infektionsrisiko. In Innenräumen ist die Luft oftmals deutlich trockener als im Freien, bedingt durch verschiedene Faktoren: Klimaanlagen, Heizungsluft oder Elektrogeräte wie Drucker oder Computer. Eine niedrige Raumluftfeuchtigkeit führt zu trockenen Augen sowie gereizten Schleimhäuten. Das mindert das Wohlbefinden der Beschäftigten und deren Produktivität. Gleichzeitig steigt das Risiko, sich mit Krankheitserregern anzustecken. Das ist im Büro besonders problematisch. Denn dort halten sich üblicherweise mehrere Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum im selben Raum auf, und sie atmen zwangsläufig die gleiche Luft ein. Fenster lassen sich oft nicht öffnen. Falls doch, wird vor allem in kühleren Jahreszeiten zu selten gelüftet. Zudem gehen viele Beschäftigte trotz eines Infekts zur Arbeit. Sie begegnen ihren Kollegen im Büro sowie auf dem Flur und fassen die gleichen Türklinken an.

Sie haben eine Petition initiiert, die an die WHO gerichtet ist. Was genau fordern Sie?

Die Petition 40to60RH fordert von der WHO eine Mindestgrenze für die Luftfeuchtigkeit in öffentlichen Gebäuden, um Atemwegsinfektionen zu reduzieren. Mehrere Immunbiologen, Mediziner sowie Unternehmen wie Airthings und Condair unterstützen die Petition. Durch die Covid-19-Pandemie wurde vielen erst bewusst, wie wichtig unser Anliegen ist. Die empfohlene Luftfeuchtigkeit beträgt zwischen 30 und 60 Prozent. Zwar gibt es bereits offizielle WHO-Richtlinien zur Raumluftqualität, die betreffen jedoch mehr die Verschmutzung oder den Schimmel. Eine Untergrenze für die Luftfeuchtigkeit ist allerdings noch nicht definiert. Bei einem Mindestwert müssten Baubehörden auf der ganzen Welt ihre Richtlinien aktualisieren und Gebäudeeigentümer sowie -betreiber die geeigneten Massnahmen zu dessen Einhaltung ergreifen. Denn ein optimales Raumklima fördert das Leben und die Gesundheit von Millionen von Menschen.

Das vollständige Interview

Das vollständige Interview lesen Sie hier im büroblog schweiz. Die Abbildung ist von Condair.